Risikogruppe mit Immunschwäche

Früherkennung von HPV16 induzierten Tumoren:

Leitfaden zur Erkennung von Risikopatienten

Patienten mit Immunschwäche

Dank Fortschritt bei den medizinischen Versorgungsmöglichkeiten HIV-positiver Patienten konnte die Lebensqualität und Lebenserwartung dieser Patienten in den letzten Jahren erheblich verbessert werden. Aufgrund ihres beeinträchtigen Immunsystems erkranken HIV-positive Menschen jedoch trotz medizinischen Fortschritts häufiger an Krebs als Menschen ohne HIV.1

In der Vergangenheit wurden bei HIV-positiven Patienten vor allem das Kaposi Sarkom, Lymphome und Zervixkarzinome als Sekundärerkrankungen diagnostiziert.

Inzwischen erkranken HIV-positive Patienten zunehmend auch an anderen Tumorformen wie Analkarzinomen und Tumoren im Oropharynx. Gerade die Tumore im Rachenbereich und Anogenitalbereich sind häufig HPV induziert.1

Mit Einführung der antiretroviralen Therapie erhoffte man sich einen Rückgang der HPV induzierten Tumore. Studiendaten konnten jedoch keine rückgehenden Zahlen belegen.

Auffällig ist vielmehr die fehlende Abnahme bzw. drastische Zunahme an Analkarzinomen unter antiretroviraler Therapie.2,3 Vor Einführung der antiretroviralen Therapie entwickelten von 100.000 HIV-positiven Patienten 8,2 – 35,4 ein Analkarzinom. Inzwischen ist diese Zahl auf 59,4 – 96,2 angestiegen.4

Die SIR für Analkarzinome bei HIV-positiven Personen wird in diversen Studien mit bis zu 39,0 angegeben.2 Ebenso nimmt die Anzahl der Kopf-Halstumoren bei HIV-Patienten zu. Die SIR wird in der Literatur zwischen mit 2,8 bis 8,6 beschrieben.2 Einer der genannten Gründe für das vermehrte Vorkommen von Analkarzinomen bei AIDS Erkrankten ist die höhere Lebenserwartung dank antiretroviraler Therapie.

Eine Beobachtung von Patienten mit der Diagnose AIDS und deren Erkrankungshäufigkeit an bestimmten Tumoren im Rachenbereich sowie Anogenitalbereich über 5 Jahre zeigt Abb. 1.5

Typisch für Patienten mit beeinträchtigtem Immunsystem sind Probleme im Haut- und Schleimhautbereich. So sind HIV Patienten häufig betroffen von:

• Neurodermitis

• Verschlechterung einer Psoriasis

• orale Leukoplakien am seitlichen Zungenrand oder an der Wangenschleimhaut

• Herpes zoster

• ulzerierende Infektionen mit Herpes genitalis im Anogenitalbereich

Die damit verbundenen Hautrisse erleichtern das Eindringen onkogener Viren wie HPV16 in die unteren Hautschichten bis zur Basalmembran, wo die HPV bedingte Entwicklung abnormaler Zellen und Tumorzellen initiiert werden kann. Das geschwächte Immunsystem kann die Entartung der Zellen zu Tumorzellen nur er-schwert erkennen und eliminieren.

Obwohl die Wahrscheinlichkeit, an HPV induziertem Krebs zu erkranken, für HIV-Patienten signifikant erhöht ist, ist die HPV Durchimpfungsrate bei diesen Patienten derzeit niedriger als in der Gesamtbevölkerung. Zudem liegen noch nicht viele Daten zum Impferfolg bei HIV-positiven Patienten nach HPV Impfungen vor und die wenigen bereits erhobenen Daten führen zu kontroversen Schlussfolgerungen.

Nach aktueller Datenlage erscheint auch nach einer HPV Impfung die Erkrankung an HPV induzierten Tumoren möglich. Ergebnisse von Studien mit HIV-positiven Patienten (Lebensalter ≥ 27 Jahre) sprechen dafür, dass sich die Wahrscheinlichkeit an Analkrebs zu erkranken trotz HPV Impfung nicht verringert.6

Die regelmäßige und leitliniengerechte Untersuchung von HIV-positiven Patienten in Deutschland umfasst daher auch Screening-Maßnahmen hinsichtlich der Früherkennung von Krebs, insbesondere von Analkrebs, Hautkrebs und Zervixkarzinomen.

Die Aidshilfe empfiehlt für Patienten mit HIV eine regelmäßige klinische Untersuchung der Analregion im halbjährlichen bis jährlichen Abstand.